Eigener Erfahrungsbericht aus dem 1. Unverpackt-Laden im Taunus: Honighalle in Köppern, Friedrichsdorf
Um in den Unverpackt-Laden zu kommen, musste ich leider mein Auto bemühen. Daher hatte ich den ersten Einkauf dort immer wieder aufgeschoben, heute aber habe ich mich dann doch auf den Weg gemacht. Halt, vorher habe ich noch einige Plastikdosen und Schraubdeckelgläser in meinen Korb gelegt, um vor Ort keine neuen Gefäße kaufen zu müssen. Denn das ist ja der Sinn des Ganzen, oder?
Gerne würde ich behaupten, dass das Geschäft auf einem Weg gelegen hat und daher meine Fahrstrecke nicht verlängert hat, das war aber nicht der Fall. Die knapp 7 km von Bad Homburg bis nach Köppern bzw. 14 km (hin und zurück) verursachten einen CO2-Ausstoß von je nach CO2-Rechner zwischen 2 und 3 kg CO2. Das klingt nicht sehr viel. Wenn man aber zugrunde legt, dass man nur 600 kg CO2 pro Person verbrauchen sollte, um den Klimawandel entscheidend aufzuhalten, sind das immerhin schon bis zu 0,5% davon. Morgen sollte daher das Auto stillstehen, auch wenn meine Mitfahrerin die Hälfte der CO2-Last rechnerisch übernehmen könnte.
Obwohl ich die Adresse nicht mehr genau im Kopf hatte, war die „Honighalle“ im Zentrum Köpperns nicht zu übersehen. Parkplätze habe ich allerdings nicht sofort gefunden und daher beim benachbarten Supermarkt geparkt. Nach kurzem Fußweg ging die Tür auf in das neu eröffnete Geschäft (Eröffnung im September 2019), dass mit einem barrierefreien Zugang punkten kann. Zunächst begutachteten wir das Sortiment aus unverpackten Cerealien, Nüssen, Trockenfrüchte (ohne Rosinen), Mehlen und auch Süßigkeiten.
Eine für mich unerwartete Besonderheiten war z.B. das Puddingpulver (Schoko und Vanille). Als eher unerfahrene Köchin mit Instantpuddingpulverhintergrund frage ich mich aber sofort: woher weiß ich wie ich das mit welcher Menge Milch zubereite? Meine Supermarktpackung verpackt das Pulver nicht nur, sondern erklärt mir auch verlässlich die Zubereitung.
Ein anderer Bereich war den Kosmetikartikeln vorbehalten. Hier sind feste Deos, Seifen, Bambuszahnbürsten und einzelne Klopapierrollen erhältlich. Toilettenpapier ist ein Produkt, über dass ich mich im Supermarkt vor meiner Haustür immer wieder ärgere, da es ca. 20 Sorten gibt (mit entsprechend unübersichtlichem Angebot und Preisen), von denen aber alle ausnahmslos in Plastikfolie eingepackt sind, auch die Recycling-Papier-Varianten. Im Unverpackt-Laden dagegen: unverpackt und Preis per Rolle (0,55 €). Huch, das ist aber teuer… (ca. 60% mehr als das aktuell verwendete). Es handelt sich um Papier aus Bambusfasern. Das ist zwar sicherlich ein nachwachsender Rohstoff mit viel Potenzial bei nachhaltigen Produkten, aber im Verhältnis zu Recycling-Papier aus Deutschland als Alternative durchaus fragwürdig. Schade, so bleibe ich erstmal bei der Plastikverpackung.
In einer anderen Ecke des Geschäfts wurde aus dem Unverpackt-Laden ein Bio-Laden. Die Produkte waren durchaus verpackt, aber in Bio-Qualität erhältlich (Säfte, Öle, Marmeladen und andere Brotaufstriche). Außerdem gab es eine kleine Käseauswahl sowie Milch und Joghurt in der Glasverpackung. Und dann natürlich das ehemalige Kerngeschäft der Imkerei Schiesser: Eine Wand aus Honig in vielen Varianten alle in formschönen Pfandgläsern und die meisten zum Probieren. Aus der Taunusregion stammen bei genauer Betrachtung allerdings nur wenige Sorten, andere aus Bayern bis Brandenburg, exotischere aber auch aus Frankreich und Portugal. Das Bio-Siegel der EU-Landwirtschaft war zumindest teilweise nicht mehr zu finden. Mit Preisen von etwa 6,50 € /500 g Honig ist man hier dabei und die kleineren Gläser (250 g) sind nur etwas günstiger (ca. 4,50€).
Zudem waren auch Reinigungsmittel zu finden, die aber beileibe nicht unverpackt waren, sondern sogar in Plastikkanistern verkauft wurden. Genauer habe ich mir diese Produkte aber nicht angesehen, um die Sinnhaftigkeit beurteilen zu können.
Ach ja, Äpfel, Quitten und Eier gab es auch noch unverpackt zu kaufen.
Wie wird eingekauft? Zunächst musste ich das mitgebrachte Gefäß wiegen. Nachdem ich vergeblich die Taste gesucht habe, die mir die Messung druckt, fand ich kleine Klebeschildchen mit Kuli daneben. Aha, selbst ist die Frau. Also habe ich den abgelesenen Wert aufgeschrieben, den Aufkleber abgefummelt und auf meine Dose geklebt. Wie von der Verkäuferin versprochen, ließen sich die Aufkleber zuhause wieder problemlos von den Dosen ablösen, im Gegensatz zu den Klebezetteln an der Frischwursttheke meines normalen Supermarktes. Dann wurden mir von den relativ zahlreichen Verkäuferinnen Dinkelmehl (2,80€/kg) und Mandeln (16,80€/kg) abgefüllt. Bei den Mandeln wollte ich eigentlich gar nicht so viele, aber da war es schon zu spät. Egal, werden halt mehr Mandeln gegessen. Was beim Mehl praktisch war, dass in mein Gefäß zwar nur ca. 700 g passten, dies aber durch die grammgenaue Abrechnung kein Problem war. Die Erdnüsse (9,90€/kg) füllt ich mir selbst per Hand in meine Dose.
Dann wurde bezahlt, ganz konventionell und der Bon wurde mir – auf Nachfrage – ausgedruckt. Das fällt positiv auf, wenn man bedenkt, wie viele Meter Thermopapier meist an der Kasse bereits im Mülleimer laden, da der Bon eigentlich immer gedruckt wird. Übrigens: Das Thermopapier der Kassenzettel hat im Altpapier nichts zu suchen, sondern gehört in den Restmüll.
Meine Bilanz:
Das Angebot ist – zumindest zurzeit – noch überschaubar. Ein ganzes Essen könnte ich daraus vermutlich nicht kochen, was den Gang in weitere Läden notwendig macht. Und dann? Dann kann ich doch auch gleich alles dort auf einmal kaufen, oder?
Die nachhaltige Idee hinter den Unverpackt-Läden ist super, funktioniert im Moment aber nur bei bestimmten Warengruppen gut (z.B. Cerealien). Deshalb ist es ein guter Ansatz, Bio-Produkte zur Sortimentserweiterung mit anzubieten. Diese sollten dann allerdings auch „Bio“ oder zumindest sehr regional sein. Die Preise sind – wie erwartet – überdurchschnittlich, was an vielen Stellen seine guten Gründe hat, aber damit das Argument verfestigt, dass Bio-Lebensmittel und ökologisches Einkaufen was für Besserverdiener ist.
Es lohnt sich durchaus das Konzept auszuprobieren, erfordert aber eigenes Mitarbeiten (Abwiegen und Beschriften) und damit ein gewisses Maß an Zeit. Für mich persönlich lohnt sich die doch recht lange Anfahrt bis in den Nachbarort nicht, um dort drei oder vier Artikel zu kaufen. Daher werde ich es das nächste Mal wohl eher auf dem Bad Homburger Markt versuchen.
Davon berichte ich dann vielleicht das nächste Mal.
Kleiner Nachtrag vom Dezember 2019:
Inzwischen hat sich das Sortiment etwas erweitert. Ich habe z.B. die zuvor vermissten Rosinen gefunden. Zudem sind auf den Puddingpulver-Gläsern inzwischen Zubereitungshinweise angebracht. Übrigens gibt es dort auch Geschenkgutscheine, falls man seine Lieben also mal zu nachhaltigerem Einkauf verleiten möchte.